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21.11. Kintsugi – oder: „Siehe, ich mache alles neu.“

Vor einigen Monaten habe zum ich ersten Mal von dem alten japanischen Kunsthandwerk gehört, um zerbrochene Keramik zu reparieren. Kintsugi – heißt das. Goldreparatur. Wenn eine wertvolle Schale oder Tasse zerbricht, wird sie nicht weggeworfen, sondern die Scherben werden wieder zu einem Ganzen zusammengesetzt. Zuerst verwendet der Kintsugi-Künstler dafür Kitt. So bekommt die Schale ihre Stabilität wieder. Danach überzieht er die Bruchstellen mit einem Lack, in den er vorher Goldstaub gemischt hat. Das Besondere: die Bruchstellen werden dabei nicht vertuscht, sondern sogar hervorgehoben. Es entstehen goldglänzende, deutlich sichtbare Linien. Wunderschön, einzigartig und kostbar. Mir gefällt das Bild der gekitteten Schale. Es erinnert mich an einen Satz ganz am Ende der Bibel, im Buch der Offenbarung: „Siehe, ich mache alles neu.“ Das verspricht Gott. Eines Tages wird es keinen Tod mehr geben und keine Schmerzen. Alle Tränen werden abgewischt. Ihre und meine. Nichts wird dann mehr sein, wie es mal war. Alles wird neu. Werde ich dann auch neu? Was bleibt noch übrig von meinem Leben? Bruchstücke?                                                                                                                    

 Morgen ist Ewigkeitssonntag. In den Gottesdiensten denken wir an Menschen, von denen wir in diesem Jahr Abschied nehmen mussten. Ihre Namen werden genannt und eine Kerze angezündet. Wir spüren die Trauer. Wir erinnern uns. An das Schöne und das Schwere. Jeder Tod zerbricht etwas im Leben. Ein Mensch fehlt. Seine Stimme. Sein Lachen. Ein Blick. Das tut weh. Auch noch nach längerer Zeit. So schnell geht das nicht mit dem Heilen.  Die Risse bleiben sichtbar. Das wird nie wieder „wie neu“                          Wie bei der Schale. Auch sie ist nicht mehr so, wie vor ihrem Zerbrechen. Sie ist anders geworden. Auch ein Mensch, der getrauert hat, ist ein anderer geworden. Aber Gott setzt uns Stück für Stück wieder zusammen. Ihm ist unser Leben nicht gleichgültig. Er kittet unsere Brüche mit seiner Liebe, die hält und niemals aufhört. Er vergoldet die Narben, um zu zeigen wie kostbar sie sind. Weil sie uns so einzigartig machen. Die Bibel nennt diese Methode übrigens nicht Kintsugi sondern Versöhnung. Wenn wieder zusammenkommt, was getrennt war. Für unsere Lebensscherben gibt es nur eine Anlaufstelle: In Jesus Christus ist Gott in diese Welt gekommen. Ihm können wir unser ganzes Leben anvertrauen. Er weiß um unsere Scherben. Dafür ist er gestorben und auferstanden. Bei ihm können wir heil werden. Er wird uns auch durch den Tod hindurchführen.     

Und dann erinnere ich mich an das, worauf wir Christen unsere Hoffnung setzen, unseren Glauben und unsere Zuversicht: Dass Gott am Ende aller Zeit die Bruchstücke unseres Lebens zusammenfügt, sie mit einem goldenen Schimmer überzieht und sagt: „Siehe, ich mache alles neu.“ (Offb 21,5) Nicht nur „wie neu“, sondern wirklich neu. Dort in der Ewigkeit. Daran glaube ich.

                                                                                                                                     

Sandra Stelzenberger, Diakonin in den Kirchengemeinden Victorbur und Weene