So richtig hübsch sind sie meist noch nicht, die neugeborenen Menschenbabys. Etwas verknittert und verbeult sehen sie aus. Knautschi-Look. – Und trotzdem irgendwie niedlich. Zumindest die Mamas und Papas schließen sie sofort ins Herz. „Typisch Baby“ ist zudem ihr enormer Durst. Den können die Kleinen bereits lautstark bekunden. Und erst, wenn für ausreichend Milch-Nachschub gesorgt wurde, kehrt wieder Ruhe ein. Können wir „Großen“ eigentlich etwas lernen von neugeborenen Babys? Komische Frage, stimmt. Trotzdem denke ich: Yes, we can. Nämlich erstens: Verknittert sein ist okay. Falten, graue Haare oder Pickel müssen nicht entfernt oder übertüncht werden. Wir sind liebenswert, wie wir sind – von außen und von innen. Und zweitens (Achtung, Lutherdeutsch): „Wie die neugeborenen Kindlein seid begierig nach der vernünftigen lauteren Milch“, sagt die Bibel (1. Petrus 2,2).
Das heißt: So wie Babys ihre Milch einfordern, wenn sie durstig sind, und sich nicht mit Cola oder Bitter Lemon abspeisen lassen, so sollten auch wir uns im Hinblick auf unser Leben nicht mit Unechtem oder Zweitklassigem zufriedengeben. Das Lebensmittel schlechthin ist aus Sicht der Bibel die Beziehung zu Gott. Mit Gott reden. Mal wieder einen Gottesdienst besuchen. In der Bibel lesen. Einfach innerlich verbunden sein mit Gott. Das brauchen wir wie das tägliche Brot.
Ich selbst merke, dass es mir gerade, wenn’s mal drunter und drüber geht, guttut, Gottes Nähe zu suchen. Wenn ich in solchen Situationen ein paar Schritte spazieren gehe und dabei vor Gott ausbreite, was mich bewegt – dann kehrt bei mir innerlich wieder Ruhe rein. Da klärt sich was in mir. Und ich habe das Gefühl, Gott gibt mir neue Kraft. – So ähnlich wie bei einem neugeborenen Kind: Verknittert und durstig wird die Seele gestillt bei Gott.
Michael Schilling,
Pastor der ev.-luth. St. Petri-Kirchengemeinde Aurich-Oldendorf