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15. August 2021 Der Pharisäer und der Zöllner

Zwei Menschen gingen einst in den Tempel, zufällig zur gleichen Zeit. Der eine ein guter Mensch, der andere ein Halunke. Der eine ein Mann der Ordnung im religiösen und sitt-lichen Leben, der andere einer, der schmutzige Geschäfte macht. Der Pharisäer: religiös und sozial aktiv; der Zöllner: korrupt, einer, der mit der römischen Besatzungsmacht zusammenarbeitet.

Der Pharisäer betet so: „ Gott, Dir habe ich es zu danken, dass ich anders bin als so viele Menschen, die bloß raffen und ohne jeden Maßstab leben, wie auch der da drüben ( viel-leicht richtet er seinen Zeigefinger auf den Zöllner), und unsereiner fastet regelmäßig und gibt zehn Prozent des Einkommens für gute Zwecke.“ Der Zöllner hingegen betet kurz: „ Gott, sei mir Sünder gnädig.“ „ Gott, hab` doch Erbarmen mit so einem Verlorenen wie mir.“

Als Jesus diese Beispielgeschichte erzählte  ( Lukas 18, 9-14: Evangelium am 11.Sonntag nach Trinitatis), lag ihm daran, dass sich seine Zuhörer in dem frommen Pharisäer sahen. Nur so hatte seine Zuwendung zu dem anderen, dem Zöllner, etwas Überraschendes, Aufrüttelndes. Es war skandalös. Der Zöllner hat Gott nichts anzubieten, um ihn milde zu stimmen. Von sich selbst erwartet er nichts mehr. Von Gott erhofft er alles.

Zu dieser Geschichte könnte man unendlich viel sagen. Zum Beispiel, dass es falsch ist, wenn wir den Pharisäer zu einem Heuchler herabstufen, dass wir lieber von dem einen Menschen A und einem anderen Menschen B sprechen sollten. Dass wir uns andauernd Bilder machen, die nicht stimmen. Dass es uns nicht zusteht, andere zu verurteilen, ja abzuurteilen und ihnen den Wert vor Gott abzusprechen. Jeder Mensch ist wertvoll. Gott sieht in das Herz.

Ob es bei den Olympischen Spielen in Tokio viele Goldmedaillen für ein Land gab oder „nur“ eine einzige Bronzemedaille , ob die Gartenhecke regelmäßig akkurat geschnitten wird oder sich frei entfalten kann , ob das Konto picke packe voll ist oder leergefegt…Erfolg, Ordnung und Geld sind nicht alles, sind im Grunde nicht wichtig. Wertvoll und wichtig sind wir alle, weil Gott uns immer neu reich beschenkt. Mit Glauben, Hoffnung und Liebe.

Jesus ist der Meister aller Klassen. Sein rechtfertigendes Urteil bewirkt eine großartige innere und äußere Erlösung: Gott verwirft den „guten Menschen“, der ich sein will, aber nicht bin. Gleichzeitig nimmt er den „schlechten Menschen“, der ich nicht sein will, aber bin, bedingungslos an. „Gott, sei mir Sünder gnädig“, das ist die Wahrheit in uns. Darüber kommt niemand hinaus. Wohl dem Menschen, der da hineinkommt, dabei bleibt und immer wieder dorthin zurückkehrt.

„Wir sind Bettler, das ist wahr.“ (Martin Luther).

„Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz, und gib mir einen neuen, beständigen Geist. Verwirf mich nicht von deinem Angesicht, und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir. Erfreue mich mich wieder mit deiner Hilfe, und mit einem willigen Geist rüste mich aus.“ (Psalm 51,12-14)

Christoph Schoon, Pastor der Kirchengemeinden Mittegroßefehn und Timmel