„Die ist komisch, findest du nicht auch?“, „Ich kann nichts Schlechtes über ihn sagen, aber der ist nicht ohne!“ Wie fühlt es sich an, so mit einer Kollegin oder einem Nachbarn über einen anderen Menschen zu reden? Darüber, wie eigenartig er oder sie ist. Wie fühlt es sich an, sich mit einem Gleichgesinnten einig zu sein, dass mit einem anderen etwas nicht stimmt, er oder sie Dinge tut, die miteinander abgewertet werden? Menschen, die nicht in das gewohnte Schema einer Gesellschaft passen, werden leicht schräg angesehen und ausgegrenzt. Fremdes Denken und Leben kann Gefühle wie Unsicherheit oder Ärger in einem wachrufen oder als bedrohlich wahrgenommen werden.
Jesus hat Menschen seiner Zeit mit seinem ungewöhnlichen Reden und Handeln herausgefordert und vielen damit nicht gefallen. Einmal fragt er seine Jünger, was andere über ihn denken. Manche wollen ein Zeichen aus dem Himmel, um einen Beweis dafür zu haben, wer er nun wirklich ist. Aber nur, wenn er alle ihre Erwartungen erfüllen würde, wäre er ihnen willkommen. Schließlich fragt Jesus seine Freunde, die ihm am Herzen liegen, für wen SIE ihn halten: Wer sagt denn IHR, dass ich sei? (Matthäus 16,15) Petrus antwortet voller Überzeugung: „Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Was würden wir Jesus antworten, wenn er uns fragen würde? Vielleicht: der Gekreuzigte und Auferstandene, mein Wegbegleiter im Leben, menschgewordene Liebe Gottes, ein verrückter religiöser Spinner von vor 2000 Jahren? Würden wir unsere Meinung von anderen prägen lassen?
In der Begegnung sowohl mit Jesus als auch mit anderen Menschen sind wir herausgefordert, unsere Komfortzone zu verlassen. Wir sind eingeladen, uns selbst ein Bild von unserem Gegenüber zu machen. Unseren Verstand und unser Herz zu gebrauchen, aufrichtig auf den anderen zuzugehen, offen für ihre Ansichten und Lebensformen zu sein. Wie sehr können wir durch einen Menschen bereichert werden, der gerade nicht genauso denkt und lebt wie wir!
Pastorin Sunnive Förster, Springerin im Kirchenkreis Aurich
