Moin. Ich möchte da mal ein dickes Fass aufmachen. Es geht aber auch um unseren höchsten Feiertag – der Karfreitag. Der Tag, an dem Jesus Christus tatsächlich gestorben ist. Am Kreuz. Verlassen nicht nur von all den Menschen, die die letzten Jahre mit ihm waren, zu seiner Familie wurden. Sondern offensichtlich auch im Stich gelassen von Gott: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« schreit er in diesem hilflosen Moment. Und es schießt sich sofort die Frage an: Warum hat Gott seinen Sohn da nicht gerettet und seine Vollmacht bewiesen?
Ein Versuch einer Antwort: Weil Jesus »wahrer Mensch« war. Weil es zu unserem Leben gehört, dass wir irgendwann sterben werden. Weil menschliches Leben nicht frei ist von Momenten, an denen nichts mehr vorzufinden ist. Nichts. Keine Freunde, keine Familie, kein Gott. Nur der Tod. In diesen Moment ist Jesus gegangen. Als Mensch, als einer von uns. Und doch – ja jetzt wird es kompliziert: weil er diese Situation ausgehalten hat, hat er dieses »Nichts« mit sich ausgefüllt – ist dort auffindbar, auch dort unser Freund, unser Bruder, unser Gott. Von diesem Moment geht eine unvorstellbare Kraft aus, weil er die dunkelsten Stunden in unserem Leben radikal verändert: Da ist nicht mehr ein Nichts und der Tod, sondern er ist als »wahrer Mensch und wahrer Gott« für uns präsent.
Wir sprechen da immer noch „nur“ über Karfreitag. Nicht schon gleich von Ostern. Das ist dann eine eigene Geschichte. Wir sind an einem Punkt, wo sich für mich das »für uns gestorben« entschlüsselt. Jesu Karfreitag hat uns von der lebensverneinenden Leere in den Momenten befreit, wenn wir hilflos rufen und fragen: »Gott, wo bist du?« Jetzt gibt es eine Antwort: »Ich bin hier – bei dir!«
Karfreitag ist ein stiller Feiertag. Natürlich ist das, was uns an diesem Tag geschenkt wurde, ein Grund zum Feiern. Aber zu diesem Grund gehört untrennbar auch das Kreuz. Ich lade Sie ein, diesen Moment auszuhalten.
Pastor Joachim Pothmann, Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Ihlow
