Ich mag Pusteblumen. Überall leuchten gerade kleine Löwenzahn-Sonnen, Pusteblumensamen fliegen durch die Luft überall hin. Löwenzahn ist nicht wählerisch. Ein bisschen Erde, Regen und Sonne reichen, und dann wächst er sogar in Straßenritzen. Oft ist er uns nur ein lästiges Unkraut, das ausgerissen gehört. Dabei symbolisiert er die Kraft des Lebens selbst, die sich unermüdlich und optimistisch neue Plätze erobert. Irgendwo werden ein paar Schirmchen landen. Irgendwo werden gelbe Blüten sich zu puscheligen Pusteblumenbällchen verwandeln und neue Welten erobern.

„Der und seine Anhänger sind wie Unkraut! Weg damit!“ – Wie ein Gärtner nicht lange fackelt und den Löwenzahn in seinem Rasen aussticht, so wurde mit Jesus und seinen Freunden kurzer Prozess gemacht. Nirgendwo sollten ihre gefährlichen Wort-Samen mit ihren Himmelsträumen noch unterwegs sein dürfen. Jesus verstummte am Kreuz, und seine Anhänger wagten höchstens ein leises Flüstern hinter verschlossenen Türen.
Aber nicht für lange! Worte, die einmal in der Welt sind, können genauso wenig eingefangen werden wie flauschige Pusteblumenpropeller.
Worte haben Macht. Sie kommen so zart daher, können so leicht überhört oder verdreht werden. Doch in ihnen kann Gott selbst sprechen und alles verändern. Er hat das Flüstern der ersten Christen zu einem lautstarken Orkan werden lassen. Sie mussten reden von dem, wovon ihr Herz überfloss, und so flogen ihre Worte in die Welt und durch die Zeiten sogar bis in unsere Ohren. Wir wissen von Jesus, wir hören von Gott, wir träumen von seinem Himmel.
Das ist der Urkern von Pfingsten: Gute Worte fliegen durch die Welt, auch in finsterer Zeit. Hoffnung liegt in der Luft. Nichts muss bleiben, wie es ist. Nicht das Böse siegt, sondern die zärtliche Liebe unseres Gottes.
Sabine Schiermeyer, Regionalbischöfin Ostfriesland-Ems