„Liebe ist stark wie der Tod – und Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totenreich“,
so heißt es im Hohenlied der Bibel. So wie wir Menschen dem Tod nicht entgehen können, können wir auch der Liebe nicht entgehen. Und hier geht es keineswegs nur um Nächstenliebe – in diesem Zusammenhang ist vor allem die erotische Liebe gemeint, das Verlangen, die Lust und Leidenschaft.
Kurz: Es geht auch um Sex!
Vor rund 500 Jahren war es Martin Luther, der dieses Thema aus der vermeintlichen Schmuddelecke herausholte. Befriedigende Sexualität war für ihn ein wesentliches Fundament einer Beziehung. Liebe und Lust gehörten für ihn zusammen als guter Teil von Gottes Schöpfung. Damals war das neu. Denn bis dahin wurde die sexuelle Lust als Folge des Sündenfalls von Adam und Eva abgewertet und sollte folglich im Zaum gehalten werden.
Luther dagegen plädierte für ein regelmäßiges Sexleben: „In der Woche zwier (also: zweimal), schaden weder ihm noch ihr, macht im Jahre hundertvier.“ Diese „Luther-Regel“ entspricht laut Umfragen angeblich bis heute der weltweiten durchschnittlichen Häufigkeit von gemeinsamem Sex. Dass bei solchen Umfragen wahrscheinlich viel gelogen wird, liegt auf der Hand. Und dass es nicht allein um die Häufigkeit des Beischlafs geht, natürlich auch.
Klar ist aber auch, dass wohl jeder Mensch sich nach lustvoller Berührung sehnt, sie genießt, begehrt. Und dass Menschen leiden, wenn das, was sie so ersehnen, nicht stattfindet.
Obwohl dieses Thema so lebenswichtig, ja existentiell ist, kommt es in der Kirche wenig vor. Dabei gäbe es Wichtiges dazu zu sagen – Ermutigendes, aber auch Kritisches: Dass es keinen Grund gibt, sich für seine Lust, sein Begehren zu schämen; dass befriedigender Sex von Gott gewollt ist – und nicht nur um Kinder zu zeugen. Aber auch: dass sich Liebe nicht allein in Sex erschöpft, dass ein anderer Mensch nicht zum bloßen Objekt meiner Begierde werden darf, und dass Liebe und Sex auch Verantwortung bedeuten.
In diesem Sinne: Let’s talk about sex!
Ulrich Menzel, Pastor der Ev.-luth. Kirchengemeinde Wallinghausen und Kirchenkreisjugendpastor im Kirchenkreis Aurich