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2. Februar 2025 Mutig – stark – beherzt

Roswita erinnert sich später vor allem an ihre Angst als Kind. Ihr Vater Karl Preising (1880-1947) stand auf der Todesliste der NSDAP. Gefahr legte sich über das Pfarrhaus im nordhessischen Helsen. Schon 1930 hatte er sich weit aus dem Fenster gelehnt. Da war es noch möglich seine Karfreitagspredigt in der Zeitung abdrucken zu lassen. Darin rief er, seit 1922 Heimleiter des Bathildisheims in Bad Arolsen, zur Solidarität mit behinderten Menschen auf. Er betonte ihre Gleichwertigkeit als von Gott geliebte Geschöpfe. Auf politischen Druck hin erhielt er ab 1935 wiederholt Berufsverbot. Aber offenbar behielt er das Vertrauen vieler Familien in Helsen. 170 „Pfleglinge“ konnten in Privathäusern versteckt und gerettet werden, als ihnen unter dem Vorwand, dass im Bathildisheim Lazarettplätze geschaffen werden sollten, Lebensgefahr durch das mörderische Euthanasieprogramm der Nazis drohte. Karl Preising starb 1947. Er litt an einer Herzschwäche. Oder vielleicht doch nicht?

Seine Tochter Roswita hat trotz der Angst ein festes Herz und Mut geerbt. Als eine der ersten Frauen im Theologiestudium wurde sie der Ungerechtigkeit ausgesetzt, mit dem gleichen Universitätsabschluss wie ihr Mann noch nicht ordiniert zu werden. Er wurde Pfarrer, sie Pfarrfrau ohne Anspruch auf ein eigenes Gehalt und Anerkennung ihrer Qualifikation. Als sie später „nach-ordiniert“ wurde, tat das gut, aber die Empörung blieb lebendig.

Mit Karl und Roswita gehe ich innerlich in den Austausch: „Was würdet ihr tun, wenn ihr an meiner Stelle in dieser Zeit Pastor und Pastorin wäret? Wie politisch wäret ihr kurz vor der Wahl?“

Sie würden die Warnzeichen erkennen. Die Kälte des Tons spüren. Sich innerlich wappnen und etwas riskieren. Das kann man, wenn man etwas hat, das unantastbar bleibt.

Pastorin Christiane Preising, Kirchengemeinde Walle