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10. Juli 2022 Ein Mastjahr

Mitte Mai war ich zu Besuch in Köln, bei der Tochter und ihrem Freund, wie üblich nur mit dem Rad in der Stadt unterwegs, doch die Stadt hatte sich verändert, die Leute husteten und niesten ständig und rieben sich die brennenden Augen. Auf den Autos sah man es zuerst, diesen klebrigen, gelben Belag, und der Wind trieb gelbliche Wolken voller Blütenstaub der Bäume vor sich her.

Zuhause bestätigte ein Blick auf die überreich tragenden Obstbäume in der Streuobstwiese die Vermutung: wir haben es in diesem Jahr mit einem „Mastjahr“ zu tun. Ebenso auch Eicheln, Kastanien, Nüsse, Vogelbeeren, alles wächst in einem Überfluss heran, mit nur diesem einen Ziel: alle paar Jahre so viel Samen zu schaffen, dass nach der Sättigung der Tiere genug an Samen für neue Bäume übrig bleibt, damit der Wald wieder nachwächst. Äußerst klug arrangiert, das muss ich feststellen!

Auch jetzt grad wächst wieder eine neue Zukunft heran, in diesem Jahr mit allen Sinnen erfahrbar. Übrigens ereignet sich solch ein Mastjahr am Vorzüglichsten nach einem Spätfrost im Vorjahr – wenn die Ernte eines Jahres leicht verlorengeht.

Und ich dachte an die Mastjahre meines Lebens, die neue Zukunft heranwachsen und reifen ließen, in all ihren Epochen und Zeiten. Alles hat ja wirklich seine Zeit, so schoß es mir dankbar in den Sinn. Und eben auch die Zeit hat es, um mich in Dankbarkeit zu üben.

Von Wolfgang Beier, Pastor in Münkeboe und Moorhusen