Bestimmt war es unvernünftig, aber ich habe mir einen dritten roten Lamy-Füller gekauft. Am liebsten mag ich schwarze Tinte. Auch Notizbücher und Kladden besitze ich genug. Aber ich schreibe seltener und weniger, als ich möchte.
Schreiben Sie manchmal etwas mit der Hand auf oder haben die meisten Kulis in der Schublade schon den Geist aufgegeben? Die verlieren ja schnell die Geduld.
„Schreib doch mal!“ – Wozu soll diese Aufforderung gut sein, wenn es nicht gerade um Urlaubspost geht, sondern ums Schreiben an sich? Das merkt man wohl erst im Schreibprozess, wenn man tatsächlich reinkommt und nachher etwas auf einem Zettel stehen hat, den man irgendwo hinhängt oder etwas im Tagebuch verbirgt: Eine Wut lässt durchs Runterschreiben Dampf ab. Die Überladung des Kopfes vorm Einschlafen wird durch eine Liste entlastet. Ein Gedanke hin zu einer anderen Person gewinnt durchs Schreiben mit der Hand etwas sehr Persönliches.
Gott fordert in der Bibel gelegentlich seine Mitarbeitenden zum Schreiben auf, wenn nicht sogar zum Aufessen einer Schriftrolle, um das Geschriebene zu verinnerlichen, aber das ist eine andere Geschichte.
Und er outet sich selbst als Schreiber. Als Spickzettelschreiber sogar. Die Stadt Jerusalem ist für ihn eine besondere Perle. Trotz ihrer Fehler. Ein Lieblingsort, der als Beispiel für seine Liebesbeziehung zu Menschen steht: Was für Jerusalem gilt, gilt für die Menschen, die er liebhat. Zu Jerusalem sagt er: „Ich habe dich in die Hand eingeschrieben. Deine Mauern habe ich immer vor Augen.“ (Jes 49,16) Das gilt also auch für uns: Was uns ausmacht, ist in seiner Handfläche festgehalten. Es steht ihm vor Augen. Nichts davon wird vergessen. Und was aus uns wird, trägt seine ganz persönliche Handschrift.
Pastorin Christiane Preising, Kirchengemeinde Walle