In den letzten Tagen stand ich an einer ganz besondere Baustelle: Mitten in Paris bei der Kirche Notre-Dame auf der Insel in der Seine. Ein Großbrand hat sie im April 2019 teilweise zerstört. Das Erschrecken war damals groß. Die beiden markanten Haupttürme und die Außenmauern sind erhalten geblieben. Innen sah es nach dem Feuer schrecklich aus. Heute sind schon von weitem die nachts auch beleuchteten Gerüste außen an der Kirche zu sehen. Tag und Nacht wird dort jetzt gearbeitet. Schon nächstes Jahr sollen die Arbeiten fertig sein. Ein anspruchsvoller Zeitplan. „Als im Inneren der Kathedrale die Gerüste wuchsen, begann bei uns die Hoffnung zu wachsen, dass die Wiedergeburt dieser Kirche kommen wird.“ So schildert es einer der Restauratoren von Notre-Dame.
Mich hat diese Baustelle stark beeindruckt. Kirche muss immer wieder neu aufgebaut werden. Das ist eine protestantische Erkenntnis, die wir seit der Reformationszeit mit uns tragen. Die Gesellschaft ändert sich. Die Kirche in ihr ebenso. Wenn ich auf die mittlerweile etwa 30 Jahre meiner Mitarbeit in der Kirche schaue, stelle ich fest, wie unglaublich viel anders geworden ist. Die Kirche wird kleiner. Manche Traditionen brechen ab. Gleichzeitig sehe ich die Veränderungsbereitschaft: Gemeinden rücken zusammen, neue Seelsorgeangebote entstehen und auch Tauffeste am Badesee, Segen am Valentinstag, musikalische Gottesdienst auf der Freilichtbühne, „Kark up Padd“, die mobile Kirche, die dahin geht, wo Menschen sie erwarten.
Eine starke Dynamik gibt es hier in unserer Region. Sie wird getragen von so vielen, die dieser Kirche als Mitglieder die Treue halten, von denen, die ehrenamtlich Tag für Tag an dieser Kirche mitbauen und all denen, die es als ihre Berufung ansehen, ihre ganze Arbeitskraft für diese Kirche einzusetzen. Das ist wirklich stark. Und bei aller Veränderung bleibt eins als Fundament fest stehen: Wir hören auf Jesus Christus, der uns anspricht und sagt: „Ich bin bei euch – heute, jeden Tag.“
Tido Janssen, Superintendent im Kirchenkreis Aurich
