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26. Februar 2023 Echte Zeitenwende

Ein Jahr lang dauert nun schon dieser schreckliche Krieg in der Ukraine. Die Ukrainer verteidigen sich mit westlicher (Waffen-)Hilfe entschlossen gegen die Missachtung der Charta der Vereinten Nationen und gegen einen Völkerrechtsbruch Putins. Sie haben ein Recht auf Selbstverteidigung. Die Folgen dieses Krieges sind Tod und größtes menschliches Leid. Auch die seelischen Belastungen sind allseits extrem hoch. Sorgen und Ängste überall, auch bei uns selbst.

Frieden schaffen ohne Gewalt – das erscheint momentan aussichtslos. Es ist eine bittere Erkenntnis, dass der Schlüssel zum Frieden offenkundig allein im Kreml bei Putin zu liegen scheint. Dennoch müssen wir Ausschau halten nach Angeboten der Konfliktlösung und Gewaltfreiheit.

Die Bergpredigt Jesu zeigt die Richtung auf. Sie ist die Stimme der Vernunft, des Friedens, der Liebe und des Herzens. Im Geiste der Bergpredigt darf der Ukraine im Augenblick – so schmerzlich es ist auch mit Waffen – Hilfe nicht verweigert werden. Unterlassene Hilfeleistung kann auch schuldig machen.

Aber Jesus empfiehlt in seiner Bergpredigt sogar Feindesliebe. Das ist keineswegs naiv. Feindesliebe heißt nicht: Lass Dir alles bieten! Sondern: Sei klug! Sei mutig! Wage den ersten Schritt! Setze der Kriegslogik einer immer stärker explodierenden Gewalt etwas entgegen! Lass Dich nicht zu blindem Hass hinreißen! Sieh in Deinem „Feind“ trotz massiver Kriegsverbrechen immer noch einen Menschen! Der Dialog ist der grundlegende Weg zum Frieden. Die Zeit dafür wird (hoffentlich bald) kommen. Feindesliebe schafft nicht Aggression und Streit aus der Welt. Sie ist aber das Angebot zu streiten, ohne dass Blut fließt. Sie lässt uns hoffen. Sie denkt sich auch in die Sicherheitsinteressen des anderen hinein. Sie sucht auch in scheinbar hoffnungslosen Situationen nach Auswegen aus der Spirale der Gewalt. Und Feindesliebe ist zur rechten Zeit auch bereit zu einem großzügigen ersten Schritt. Das ist nicht spinnert. Das ist klug. Das ist eine echte Zeitenwende.

Tido Janssen,  Superintendent im Kirchenkreis Aurich