Desktop

Tablet / Mobil

Desktop

Tablet / Mobil

Alles gut?

Nirgends wird so viel gelogen wie im Smalltalk. Im Supermarkt zum Beispiel.
Wursttheke. Verkäufer sagt: „Oh, tut mir Leid, soviel Hack haben wir nicht mehr.“
Meine Antwort: „Alles gut“. Später stoße ich mit meinen Wagen aus Versehen an den
Einkaufswagen einer anderen: „Entschuldigung!“ „Alles gut!“. Und dann auf dem
Parkplatz die winkende Bekanntin: „Naa, alles gut?“ „Ja, und bei euch?“
Alles Lüge, oder? Ich meine, ich bin ja froh, dass die andere Kundin mir den kleinen
Zusammenstoß nicht übel genommen hat und mir mit ihrem „Alles gut“ die
Absolution erteilt. Das fühlt sich für einen kurzen Moment wirklich befreiend und gut
an. Aber ist deshalb gleich alles gut? Also ALLES? Ich glaube, das gibt es nicht.

Irgendwo ist immer was. Das müssen nun keine Tragödien sein, aber unser Leben
ist nie perfekt und irgendwo knirscht es. Alles nur Bruchstücke, schreibt die Bibel. Ich
stelle Ihnen mal eine Testfrage: Sind Sie gesund? Hoffentlich können Sie mit „Ja“
antworten. Und dann kommt bei den meisten aber eine Einschränkung „Ja, aber
mein Nacken macht mir manchmal Probleme!“ „Sind Sie glücklich?“ „Ja, aber die
kaputte Freundschaft beschäftigt mich hin und wieder doch nochmal.“



„Alles gut“ kommt übrigens auch in der Bibel vor. Als Gott die Welt erschaffen hat,
sah er, dass alles gut war. War. Das ist es leider nicht mehr. Bruchstücke, hab
ich ja schon erzählt. Vieles kann man nicht schön reden.
Die Bibel verspricht aber auch, dass sich aus den Bruchstücken irgendwann etwas
Perfektes ergibt. Ende gut-alles gut. Darauf hoffe ich.
Und beim nächsten „Alles gut“ beim Smalltalk lächle ich und freue mich über den
kleinen gedanklichen Ausflug ins Paradies mitten im Alltag.

  Pastorin Cathrin Meenken