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20. Februar 2021: Alles wird wieder gut

Kennen Sie diesen Ausspruch auch aus Ihrer Kindheit? Wenn es Schrammen oder Kratzer gab oder Ärger mit den anderen Kindern, dann hatte die Mutter diesen Spruch immer im Gepäck. Alles wird wieder gut! Wenn sie das gesagt hatte, sah die Welt gleich wieder anders aus. Denn uneingeschränkt vertraute man darauf, dass es so sein würde. Alles wird wieder gut! Wie sehr sehnen wir uns danach als Erwachsener, dass diese Worte jemand zu uns sagt. Wie sehr wünschen wir uns, wieder heil zu werden nach einer Verletzung, nach einem traurigen Erlebnis, einer schwierigen Erfahrung, einer angeknacksten Beziehung. Alles wird wieder gut! Aber selbst, wenn uns jemand diese Worte sagen würde, könnten wir sie glauben?

Spricht unsere Lebenserfahrung nicht eine andere Sprache: Es wird eben nicht wieder alles gut. Der Schmerz bleibt, der Traum ist zerplatzt, das Verpasste nicht nachzuholen.
Und wie reagieren wir in diesen Tagen auf den Satz: Alles wird wieder gut? Belächeln wir ihn oder verspotten wir denjenigen, der diesen Satz überhaupt wagt, auszusprechen?
Können Sie daran glauben, dass alles wieder gut wird? Und was ist denn überhaupt gut? Das, was für mich gut ist, muss nicht zwangsläufig für andere gut sein. Nun denken Sie vielleicht: Gut – das ist im Moment ganz einfach zu beschreiben. Eine Rückkehr zur Normalität, eine Aufhebung aller Einschränkungen und Beschränkungen, das würden wohl alle als gut bezeichnen. Nähe haben zu dürfen, uneingeschränkte Kontaktmöglichkeiten – wäre das nicht bestens? Ja, das wäre es, keine Frage!

Aber hatten wir all das nicht, bevor das Virus zu uns kam? Und war da tatsächlich alles gut? Waren wir glücklich und zufrieden? Und konnten wir unseren Alltag tatsächlich als gut beschreiben? Oder gab es da nicht den Termindruck, beruflich wie privat? Gab es da nicht den Wunsch, immer schneller, höher, weiter zu kommen? War uns Nähe oftmals gar nicht als so wertvolles und hohes Gut erschienen? Waren die Individualisten nicht auf dem Vormarsch? Mit Sicherheit trägt jeder und jede von uns den Wunsch in sich, wieder ein „normales“ Leben führen zu dürfen. Doch ist nicht jetzt die Zeit, darüber nachzudenken, was ich unter „normalem Leben“ verstehe, was „gut“ für mich bedeutet?


Alles wird wieder gut, nein, ich denke diesen Satz kann ich so heute nicht mehr gut hören. Alles wird wieder – seinen Weg finden, sich entwickeln. Das klingt für mich realistischer. Vielleicht wird es auch gut, aber das muss sich zeigen, für jeden und jede Einzelne anders

Von Susanne Triebler, Pastorin in Moordorf